Sommer an der Isel
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Im Gegensatz zu anderen Flüssen führt die Isel als Gletscherfluss ihre größte Wassermenge in der warmen Hochsommerzeit, wenn die Gletscher besonders stark abschmelzen. Die Dynamik dieser Sommerhochwässer verändert auch das Bett der Isel und schafft immer wieder neue Lebensräume für Pioniersiedler.
Auch für die Menschen ist die Isel nun ein besonders gerne aufgesuchter Erlebnisraum, der ihnen Abenteuer und vielfältige Erholung bietet.
Schon in ihrem Ursprungstal zeigt nun die junge Isel ihre Kraft als Gletscherfluss.
Besonders eindrucksvoll stäuben die Umbalkatarakte an den frühen Abenden heißer Sommertage; erst jetzt erreicht das starke Schmelzwasser der Mittagszeit von den Gletschern herab den Talausgang.
Im breiten Haupttal hat die Isel noch eine Reihe von Stellen, wo sie nicht nur die Sand- und Kiesbänke ihres eigentlichen Bettes, sondern auch ihre Ufer verändern kann. Steile Anrisse am Prallufer zeugen von der Kraft ihrer Strömung.
Eine Weide stürzte vom Ufer ins Wasser, weil die Isel ihr den Halt raubte. Unverdrossen aber trieb sie neu aus und hat aus ihrem liegenden Stamm schon eine ganze Reihe von Schösslingen in die Höhe gestreckt.
Auch eine starke Tamariske am Rand einer Geröllbank verlor durch die Grabarbeit des Wassers einen Teil ihrer Unterlage. Ihre kräftige, tief reichende Hauptwurzel hält sie zwar noch, aber die nächste Hochwasserwelle wird sie wohl mitnehmen.
Die Deutsche Tamariske ist eine Pionierpflanze, die auf immer wieder neu entstehende Stellen im Flussbett angewiesen ist und diese über ihre zahlreichen Flugsamen rasch besiedeln kann. Die Jungpflanzen entwickeln sich rasch und fruchten schon nach wenigen Jahren. Wenn sie später dann von den langsamer wachsenden Weiden und Erlen überwuchert werden und verschwinden, haben ihre Nachkommen schon längst wieder frische Schotterbänke besiedelt.
Tamarisken sind Zeigerpflanzen für intakte Flüsse, wie sie heute aus Mitteleuropa weitgehend verschwunden sind.
Eine ganze Schar winziger Tamarisken- keimlinge ist an einer sandigen Stelle aus ihren Samenschalen gekrochen, hat einen dunklen Spross gebildet und eine zarte Wurzel in den Untergrund geschickt. Rasch wird ein dichter Rasen von Jungpflanzen entstehen.
An der Isel sind die Voraussetzungen besonders günstig, da ihre Ablagerungen besonders viele Feinsedimente (Sand, Schlick) enthalten. Der Flussraum der Isel birgt die vitalsten Tamariskenvorkommen nicht nur in Österreich, sondern auch darüber hinaus, wie die Tamariskenstudie des Umweltdachverbandes und Oesterreichischen Alpenvereines zeigt.
Der bescheidene Alpen-Knorpelsalat ist nun erblüht. Wie die Tamariske ist er ein Pioniersiedler auf neu entstandenen Sand- und Schotterbänken und daher alpenweit selten geworden.
Trotz seiner zarten Gestalt ist der Knorpelsalat recht widerstandsfähig und übersteht auch ein Sommerhochwasser gut. Die vom Wasser geknickten Stängel richten ihre Blüten wieder in die Höhe.
Die Zierliche Glockenblume bildet da und dort kleine Polster aus dicht gedrängten Pflanzen. Sie ist ein typischer Alpenschwemmling und findet hier auf den Schotterbänken der Isel ganz ähnliche Lebensbedingungen wie im Gebirge, aus welchem sie stammt und von wo sie durch das Wasser - wie so manche weitere Pflanzenart - herabgetragen wurde: Grüße der Hohen Tauern an die Tallandschaft der Isel.
Die flinken Ufersandläufer leben als Jäger auf den freien Flächen feinen Sandes, den die Isel an vielen Stellen anschwemmt.
Bei Gefahr schwirren sie nach einem Blitzstart wie Fliegen davon und werden daher oft (wenn überhaupt wahrgenommen) für solche gehalten und gar nicht als Käfer erkannt.
Im Frühjahr hatten sie noch Platz im Überfluss auf den sonnenwarmen Sandbänken. Da die Isel inzwischen gestiegen ist und ihr Sommerhochwasser führt, drängen sie sich auf den wenigen verbliebenen Plätzen zusammen.
Hier an der Isel bei Ainet oberhalb von Lienz ist mit einem Blick zu erfassen, was es anderswo in den Alpen nicht mehr gibt: Ein frei fließender Gletscherfluss und im Hintergrund sein Ursprungsgebiet mit den Dreitausendern der Hohen Tauern.
Im Frühjahr prägen noch breite Schotterbänke das Bett der Isel, ihr Wasser ist noch klar.
Nunmehr im Sommer zeigt sich das Iselbett ganz anders. Es ist gefüllt mit Schmelzwasser von den Gletschern - zu erkennen nicht nur an der gewaltigen Menge, sondern auch an der milchigen, gelblichgrauen Färbung des Wassers, die vom Mineralstaub aus der Schürfarbeit der Gletscher stammt.
Das hinter einer jungen Tamariske am Ufer liegengebliebene Schwemmholz zeigt, wie stark das Wasser der Isel angestiegen war.
Das Rosmarinblättrige Weidenröschen entfaltet seine roten Blüten erst im Hochsommer. Die seltene Pflanze ist ein typischer Besiedler von Rohböden mit noch geringem Bewuchs und an der Isel immer wieder anzutreffen. Von den Blättern ernährt sich die Raupe des nachtaktiven Fledermausschwärmers.
Die Uferwiesen an der Isel haben ihr Aussehen geändert. Sie sind nicht mehr bunt wie vor der ersten Mahd, sondern jetzt geprägt von den meist weißen Blütenständen verschiedener Doldenblütler. Der kräftige Wiesen-Bärenklau, der auch in lichteren Auwäldern zu finden ist, lockt ganze Scharen von Blütenbesuchern an; die wespenähnlich gezeichneten Schwebfliegen gehören zu den häufigsten Gästen
Als Unterholz der Weiden und Erlen an der Isel wächst der schattenverträgliche Rote Holunder. Seine leuchtenden Beeren gehören zu den ersten Früchten des Sommers und sind begehrte Zusatzkost für die kleinen Insektenfresser unter den Vögeln, wie die heimlichen Grasmücken und den zwischen Uferfelsen brütenden Hausrotschwanz.
Das Schmelzwasser des Sommers macht die Isel für den Wassersport außerordentlich begehrt. Manche Strecken stellen besonders hohe Ansprüche an das Können und sind eine Herausforderung für die Besten, wenn es gilt, sich gegen die Urgewalt des Wassers zu behaupten.
Große Bekanntheit genießen auch die Surfwellen der Isel, wie z.B. hier in Ainet. Bei viel Schmelzwasser – an heißen Sommertagen, womöglich noch durch Gewittergüsse verstärkt – erlauben sie den Rodeofahrern alle nur denkbaren Kunststücke. Je mehr Wasser, umso besser.
Andere Bereiche der Isel sind wie geschaffen für erste Erfahrungen auf dem Wasser oder sanftes Flusswandern mit dem Erleben der vorbeiziehenden Landschaft.
Immer wieder spannend ist auch die stete Veränderung der Verhältnisse durch die Schwankungen der Wasserführung und die Veränderungen des Flussbettes.
Für die fröhlichen Teilnehmer eines Raft-Abenteuers ist vielleicht gar nicht erkennbar, wie sich der Wasserstand der Isel täglich und sogar innerhalb des Tages ändern kann. Dies verlangt von den Bootsführern verantwortungsvolle Erfahrung, um ihre Schützlinge wieder sicher an Land zu bringen.
Je heißer die Sommertage, desto angenehmer und spürbarer ist der kühlende Hauch des Gletscherwassers aus den Tauern.
Die Isel klimatisiert das Tal und macht den Aufenthalt in ihrer Nähe besonders angenehm.
Im Sommer sind die im Rest des Jahres wasserlosen Seitenarme mit Wasser gefüllt. Ihre Querung kann ein kleines Abenteuer sein auf dem Weg der Erforschung eines naturnahen Flussbettes.
Mit einem Fluss allein sein ...
Spontane Kreativität schuf diese Steinmännchen an der Isel, wo sie dann zur Freude anderer Besucher stehen blieben.
Familien treffen sich an der Isel und verbringen hier gemeinsame Stunden.
Die Isel und ihre Ufer sind öffentliches Wassergut und daher nach dem Wasserrechtgesetz allgemein betretbar und zur Erholung nützbar. Das Flussbauamt hat eigene Erholungsplätze hierfür errichtet.
Kostbare Freiräume ohne Konsumzwang: Die Kinder können hier Natur erfahren und ihre Einfälle und Kräfte ausleben.
In der Iselstadt Lienz informieren Schautafeln über den Gletscher- und Nationalparkfluss Isel.
Sie erzählen von der Besonderheit dieses Gewässers und locken zu einem Besuch im Herkunftsbereich dieses prächtigen Flusses, im Nationalpark Hohe Tauern.
Hier am Zusammenfluss inmitten von Lienz zeigt sich auch die Mächtigkeit der Isel gegenüber der Drau. Nahezu viermal soviel Wasser wie die Drau bringt die Isel im Jahresdurchschnitt , im Sommer noch wesentlich mehr.
Die Gletschertrübung der Isel teilt sich nun auch der Drau mit, die erste Strecke noch getrennt: unterhalb der Mündung fließen beide eine Zeitlang nebeneinander her - links im Bild die bescheidene Drau, rechts die Isel.
Die Aufnahme entstand bei der Isel- und Drauschwimmreise der großartigen Amerikanerin Mimi Huhges am 4. Juni 2007.
Abend an der Isel bei Schloss Bruck; die hochsommerlichen Wolken über dem Ziethenkamm unterhalb von Lienz stehen noch in der letzten Sonne.
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Das Naturjuwel Isel ist Osttirols unersetzlicher Erholungs- und Erlebnisfluss.